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Verhaltenskodex für den Vertrieb von Versicherungsprodukten
Verhaltenskodex des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft für den Vertrieb von Versicherungsprodukten
(Beschlossen durch die Mitgliederversammlung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. in Berlin am 14. November 2012)
Allgemeines
Der Versicherungsschutz ist für den Verbraucher ein wichtiger Bestandteil seiner alltäglichen Daseinsvorsorge. Hierfür bietet die Versicherungswirtschaft eine Vielfalt von Produkten an, die auf die Bedürfnisse der Verbraucher zugeschnitten sind. Versicherungsschutz ist in hohem Maße erklärungsbedürftig und von einem besonderen Vertrauensverhältnis geprägt. Die Versicherungsunternehmen übernehmen damit eine große Verantwortung gegenüber ihren Kunden und der Gesellschaft.
Der Versicherungsvertrieb ist das Bindeglied zwischen Versicherungsunternehmen und Kunden. Wichtige Voraussetzung für die Kundenzufriedenheit ist neben einem hohen Produktstandard eine hohe Qualität der Beratung und des Versicherungsvertriebs. Es liegt im Interesse der Versicherungsunternehmen und des Versicherungsvertriebs, die Qualität der Produkte und des Vertriebs sicherzustellen.
Die Integrität und die Bindung an die Grundsätze eines ehrbaren Kaufmanns sind neben einer guten Qualifikation die Basis jeder Geschäftsbeziehung. Versicherungsunternehmen, die zum Vertrieb ihrer Produkte mit Versicherungsvermittlern zusammenarbeiten, stellen sicher, dass die Vermittler qualifiziert, zuverlässig und gut beleumundet sind. Sie arbeiten nicht mit Beratern oder Vermittlern gleich welcher Art zusammen, die den Kunden über ihren Status im Unklaren lassen oder gar täuschen. Sie arbeiten im Direktvertrieb nur mit solchen Vergleichsportalen zusammen, die für den Kunden deutlich machen, welche Unternehmen zum Vergleich herangezogen werden, damit die Kunden nicht über die Aussage des Vergleichs getäuscht werden.
Der Gesetzgeber hat für Beratung und Vertrieb der Versicherungswirtschaft weitgehende Regelungen getroffen und Maßstäbe im Finanzdienstleistungsbereich gesetzt. Dieser Verhaltenskodex stellt die Verhaltensmaßstäbe für den Vertrieb von Versicherungsprodukten transparent dar und setzt für die Versicherungsunternehmen einen Rahmen von Normen und Werten, damit sie den Interessen der Kunden gerecht werden. Sie gelten für alle Formen des Versicherungsvertriebs. Die Versicherungsunternehmen ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um die Regeln dieses Kodex in den Grundsätzen des eigenen Unternehmens zu verankern. Die unternehmensindividuelle Ausgestaltung und Konkretisierung sowie die Entwicklung von geeigneten Kriterien obliegt den Versicherungsunternehmen.
1. Klare und verständliche Versicherungsprodukte – Angaben über mögliche zukünftige Gesamtleistungen basieren auf standardisierten und fairen Verfahren
Die wichtigsten Merkmale des Versicherungsproduktes – einschließlich der für den Kunden bedeutenden Ausschlüsse vom Versicherungsschutz – sind dem Kunden einfach und für ihn verständlich aufzuzeigen. Dem Kunden ist durch diese Information eine individuelle Entscheidung zu ermöglichen. Angaben über mögliche künftige Leistungen, insbesondere im Bereich lang laufender Altersvorsorgeprodukte, wie Annahmen zu der Entwicklung des Kapitalmarktes und zur Renditeentwicklung eines Produktes, sind transparent auf standardisierten branchenweit akzeptierten Verfahren plausibel darzustellen.
2. Das Kundenbedürfnis steht im Mittelpunkt bei der Beratung und Vermittlung
Versicherungsschutz ist für den Verbraucher eine Vertrauensangelegenheit. Um dieses Vertrauen zu wahren, orientieren sich die Versicherungsunternehmen und der Versicherungsvertrieb an den Bedürfnissen des Kunden und stellen diese in den Mittelpunkt ihres Handelns. Die Beachtung der berechtigten Interessen und Wünsche des Kunden hat Vorrang vor dem Provisionsinteresse der Vertriebe.
Die Vertriebssteuerung unterstützt die bedarfsgerechte Beratung. Die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden zum Versicherungsschutz werden vom Versicherungsvermittler ermittelt, strukturiert analysiert und bewertet. Die Empfehlung des Versicherungsvermittlers erfolgt nach Erörterung mit dem Kunden in einer für diesen verständlichen Weise.
3. Compliance
Die Versicherungsunternehmen geben sich für ihre Mitarbeiter und Vermittler Compliancevorschriften. Inhalt der Compliancevorschriften sind insbesondere auch die Ächtung von Korruption, Bestechung und Bestechlichkeit; klare Regeln für den Umgang mit Geschenken und Einladungen und sonstige Zuwendungen; klare Regeln in Bezug auf Werbemaßnahmen und Unternehmensveranstaltungen sowie Vorschriften zur Vermeidung von Kollisionen von privaten und geschäftlichen Interessen. Sie definieren weiterhin klare Regeln zum Umgang mit persönlichen und vertraulichen Daten und zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Vorschriften.
4. Beratungsdokumentation bei Abschluss
Die ordnungsgemäße Dokumentation des Beratungsgespräches ist von besonderer Bedeutung. Versicherungsunternehmen und ihre Vermittler gehen hierbei mit besonderer Sorgfalt vor. Das Dokument ist dem Kunden bei persönlicher Beratung im Falle des Abschlusses auszuhändigen. Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit des Verzichts auf Dokumentation als Ausnahme vorgesehen hat.
5. Beratung des Kunden auch nach Vertragsschluss
Die Beratung und Betreuung des Versicherungsnehmers nach Maßgabe seiner Wünsche und Bedürfnisse ist auch nach Vertragsschluss die Grundlage für eine nachhaltige Kundenbeziehung. Aus diesem Grund erfolgt, soweit ein Anlass für eine Beratung oder Betreuung des Versicherungsnehmers erkennbar ist, eine solche auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, insbesondere im Schaden- und Leistungsfall.
6. Bei Abwerbungen bzw. Umdeckungen von Versicherungsverträgen ist das Kundeninteresse zu beachten.
Die Abwerbung von Versicherungsverträgen ist nur mit wettbewerbskonformen Mitteln zulässig. Der Kunde ist zu bereits bestehenden Versicherungsverträgen zu befragen. Besonders im Bereich der Lebens- und Krankenversicherung kann eine Abwerbung von Versicherungsverträgen oft mit erheblichen Nachteilen für den Kunden verbunden sein. Der Kunde ist in jedem Fall über eventuelle Nachteile anhand quantitativer und qualitativer Kriterien konkret aufzuklären. Dies ist Bestandteil der Beratungsdokumentation.
7. Eindeutige und klare Legitimation von Vertretern, Maklern und Beratern gegenüber dem Kunden
Alle Vermittler haben ihren Status gegenüber dem Kunden schon beim Erstkontakt unaufgefordert klar und eindeutig offenzulegen. Versicherungsvertreter haben gegenüber dem Kunden das bzw. die Auftrag gebenden Versicherungsunternehmen bzw. die Vertriebsorganisation, in deren Namen sie tätig werden, zu benennen.
8. Hoher Stellenwert der Vermittlerqualifikation
Die Versicherungsunternehmen stellen eine hochwertige Ausbildung der Vermittler sicher. Sie arbeiten nur mit qualifizierten und gut beleumundeten Vermittlern zusammen. Die Einholung einer Auskunft bei der Auskunftsstelle für den Versicherungsaußendienst (AVAD) ist Pflicht. Über die gesetzlich vorgeschriebene Qualifizierung selbstständiger Versicherungsvermittler hinaus haben sich die Versicherungsunternehmen im Manteltarifvertrag verpflichtet, auch den angestellten Werbeaußendienstdurch die Ablegung einer IHK-Prüfung entsprechend zu qualifizieren. Die stetige Weiterbildung der Versicherungsvermittler ist in der Versicherungswirtschaft Standard. Die Versicherungsunternehmen arbeiten nur mit Versicherungsvermittlern zusammen, die sich laufend fortbilden und dies auch nachweisen.
9. Zusatzvergütungen mit Versicherungsmaklern
Vereinbarungen zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsmaklern über umsatzbezogene Zusatzvergütungen, d. h. Vergütungen über die vertragsgemäße Courtagevereinbarung hinaus, können die Unabhängigkeit des Versicherungsmaklers tangieren. Es ist daher darauf zu achten, dass solche Vereinbarungen die Unabhängigkeit des Maklers und das Kundeninteresse nicht beeinträchtigen.
10. Hinweis auf das bestehende Ombudsmannsystem für Versicherungen
In der Versicherungswirtschaft besteht ein Ombudsmannsystem. Hiermit bietet die Branche ihren Kunden ein unabhängiges, unbürokratisches System zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten mit Versicherungsunternehmen und -vermittlern. Der Kunde ist auf das bestehende Ombudsmannsystem in geeigneter Form hinzuweisen.
11. Verbindlichkeit des Kodex und Evaluierung
Die Mitgliedsunternehmen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. bekennen sich zu diesem Kodex und machen ihn für sich und die Beziehungen zu ihren Vertriebspartnern verbindlich. Sie arbeiten nur mit Vertriebspartnern zusammen, die diese Grundsätze als Mindeststandards anerkennen und praktizieren. Sie ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um die Regeln dieses Kodex in den Grundsätzen des eigenen Unternehmens zu verankern.
Die Mitgliedsunternehmen erklären ihren Beitritt zum Kodex gegenüber dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, der die Versicherungsunternehmen, die diesen Kodex als für sich verbindlich anerkennen, auf seiner Homepage und im Jahresbericht veröffentlicht. Die Versicherungsunternehmen, die den Kodex als für sich verbindlich anerkennen, lassen sich einmal jährlich von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einem Wirtschaftsprüfer prüfen. Die Prüfung kann sich auf die Angemessenheit oder auf die Wirksamkeit beziehen. Gegenstand der Prüfung ist somit die Feststellung, ob das Versicherungsunternehmen die Regelungen des Kodex in seine eigenen Vorschriften aufgenommen hat und diese – im Fall der Wirksamkeitsprüfung – auch praktiziert.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. wird auf seiner Homepage in der Liste der beigetretenen Versicherungsunternehmen den Ersteller des Testats und das Datum des letzten Testats veröffentlichen. Versicherungsunternehmen, die nicht jährlich ein Testat nachweisen, werden aus der Liste gestrichen. Näheres regelt eine Verfahrensvorschrift, die das Präsidium beschließt.
Link zum Originaltext GDV (http://www.gdv.de/2013/10/verhaltenskodex-fuer-den-vertrieb/)